Ein Zelt aus Beton und Glaskunst - Sankt Konrad

Gesamtkunstwerk als Zeichen für die Kirche auf dem Weg durch die Zeit

Manchmal lohnt es sich, Priester, Ministrant, Lektor oder Scholasänger im Chorraum von Sankt Konrad zu sein, weil der Gemeinde, der Blickrichtung wegen, zunächst das verborgen bleibt, was dem Ministerium direkt ins Auge fällt. In der „ersten Messe am lichten Tage“, wenn die Sonne durch das rückwärtige Glasfenster-Ensemble mit aufsteigender Farbwärme dringt, erstrahlt die Kirche im „Morgenglanz der Ewigkeit“, wie es in einem Lied aus dem Gotteslob heißt. Man könnte dem Farbspiel auch den Namen „Auferstehung“ geben. Wie auch immer, Tatsache ist, dass der Architekt Hans Werner Merkle+ wohl ein freitragendes Betonzelt schaffen und damit symbolhaft die Kirche auf dem Weg durch die Zeit darstellen wollte. Es ist ihm gelungen! Der säulenlose Kirchenraum, im Übrigen vom gleichen Statiker berechnet, der auch den Fernsehturm in Degerloch hoch-kalkuliert hat, beeindruckt durch seine Form und dem für die damalige Zeit einmaligen Vorgriff auf das "Zweite Vatikanische Konzil“, das ja erst kurz nach Fertigstellung dieses katholischen Gotteshauses begonnen hat.  

Die angenehm nachhallende Akustik des Raumes lädt zum Singen ein. Nicht zuletzt deswegen hat die Schola Cantorum Lorchensis sich hier gegründet und singt, wenn nicht gerade in der Klosterkirche, vor Allem an diesem heiligen Ort. „Stille in gesungenes Gebet verwandeln“ ist Hauptanliegen sowohl der Schola als auch des Kirchenraumes und so ist die Pfarrkirche mit Ihrer scheinbar einfachen und doch ansprechenden Gestaltung fast am schönsten, wenn sie in der Fastenzeit ohne Blumenschmuck auskommt. Geschmacksache, sicher, aber hier spricht die Architektur eben Bände. Weitere Akzente sind nicht notwendig. Durch die geschickt angebrachten, von innen zunächst nicht sichtbaren Oberlichter ist der Altarraum des Vormittags sonnendurchflutet und hebt das Geschehen in der Eucharistiefeier nochmals feierlich hervor. Für den Kirchenchor ist die Empore ein Glücksfall, verteilt sie doch quasi wie ein Schalltrichter den Gesang und die Töne des Schwellwerkes der Orgel fast mystisch im ganzen Raum. Das Hauptwerk der Reiser-Orgel über der Sakristei tut dann sein Übriges, um den Gottesdienstbesucher zu beeindrucken. 

Sankt Konrad ist als begehbares Kunstwerk zudem eine der sieben Stationen auf dem „Gedankengang von Lorch“, einem knapp 1,8 km langen geführten Weg von der Stadtmitte zum Kloster. Sie ist, passend zur Zeltform der Kirche, überschrieben mit „Sanctificávit Dóminus tabernáculum suum - Der Herr hat sein Zelt geheiligt“. Diese Antiphon zum Magnificat des Kirchweihtages findet sich im Lorcher Antiphonar aus dem Jahre 1512 auf Seite 132. Die Audiodatei anbei macht den Gesang erfahrbar. Einen Flyer mit Informationen über diesen Besinnungsweg können Sie ebenfalls hier als PDF herunterladen.

Was dem Erhalt der Schöpfung dient, ist der Kirchengemeinde nur recht und billig und so hat man bei der letzten Sanierung die Dachaußenhaut unauffällig mit Photovoltaik-Folie belegt, die letztlich sowohl der Umwelt, als auch der Entlastung des Haushaltes zugute kommt und „natürlich“ eine Ladestation für e-Fahrzeuge beliefern muss. 

Es lohnt sich, einzutreten, sich im mittleren der drei Sitzblöcke auszuruhen und den Raum eine Weile in der Stille auf sich wirken zu lassen. Es ist ein im wahrsten Sinne des Wortes „künstlich“ geschaffener heiliger Ort, dessen architektonische Kunst allein schon an den Glauben heranführen kann.

Text und Bilder: Bernhard Theinert

  • Kirchweihe der Konradskirche am 18/19.11.1961 durch Bischof Carl Joseph Leiprecht (Ende der Zwanzigerjahre des vorigen Jahrhunderts selbst Seelsorger in Lorch)
  • Architekt der Kirche : Hans Werner Merkle, Stuttgart. Als Inhaber der Urheberrechte gab er seine Zustimmung zur PV-Anlage.